Nachhaltigkeit Digital </> Nachhaltige Digitalisierung
Die Nauener Gespräche standen 2017 ganz im Zeichen der Wechselwirkung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. In offener Atmosphäre diskutierten die 150 Teilnehmer und Referenten zu unternehmens- und gesellschaftsrelevanten Themen rund um die digitale Transformation und deren Potential für eine nachhaltige globale Entwicklung.
Gleich zum Auftakt der Tagung begrüßten wir die Autorin Marina Weisband und den Vice President Strategy Digitalization von BMW Jens Monsees als Redner zum Thema „Digitalisierung: Überforderung oder Steuerungsmöglichkeit?“. Sie diskutierten, was in Gesellschaft und Unternehmen geschehen muss, um Digitalisierung aktiv zu gestalten?
Da das Potential der Digitalisierung streckenweise das individuelles Verständnis und Handeln überfordern kann, ist es umso zentraler Kompetenzen aufzubauen – sowohl in den Unternehmen, als auch in der Gesellschaft. Unternehmen müssen dabei voran schreiten und digitale Strukturen vorleben, z.B. durch Abbau von Hierarchien und vernetztem Arbeiten. Beide waren sich einig, dass dies allerdings ein neues Mindset im Management und intrinsische Motivation der Mitarbeiter erfordert.
In den Workshops am ersten Tag ging es um Fragen der betrieblichen Umsetzung: Wie können beispielsweise Technologien wie Blockchain oder 3D-Druck für eine nachhaltige Entwicklung und die Erreichung der SDGs eingesetzt werden? Und von welchen bereits existierenden digitalen Unternehmenslösungen zur Förderung von Nachhaltigkeit können wir schon heute lernen?
Der Workshop „Blockchain: Die Lösung für nachhaltiges Lieferkettenmanagement?“ beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit die für nachhaltiges Lieferkettenmanagement zentralen Werte Transparenz und Vertrauen mit Hilfe der Blockchain-Technologie adressiert werden können. Die Experten Prof. Dr. Nils Urbach (Stellv. Wissenschaftlicher Leiter der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik, Fraunhofer Blockchain-Labor), Dian Balta (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kompetenzfeld Open Data and Information Management, fortiss) und Prof. Dr. Julia Schwarzkopf (Sustainability Management, HTW Berlin) diskutierten die Erwartungen Vieler in die Blockchain-Technologie. Die Technologie besitzt das Potenzial Korruption einzudämmen und für Transparenz und Sicherheit bei Transkationen zu sorgen und könnte als eine unternehmensneutrale Plattform für CSR-Audits genutzt werden. Ob sich die Technologie langfristig durchsetzt, wird der Praxistest zeigen – ebenso wie die Akzeptanz der (potenziellen) Nutzer.
Im Workshop „3D-Druck: Revolution nachhaltigen Wirtschaftens durch additive Fertigung?“ boten die drei Referenten Stephan Richter (Experte für Additive Fertigungstechnologien, Institut für Innovation und Technik in der VDI/VDE-IT), Ansgar Baums (Head of Government Relations EMEA, HP) und Daniel Büning (Global Head of Strategy and Innovation, BigRep) zunächst einen tiefen Einblick in den technologischen Stand des 3D-Drucks sowie seine Entwicklung, die Anwendungsgebiete und – formen. Außerdem zeigten Sie auf, für welche Industrien und Märkte die Technologie besonders interessant ist. Gemeinsam mit den Teilnehmern wurde das Nachhaltigkeitspotenzial des 3D-Drucks beleuchtet und mögliche Nutzungsgebiete sowie Geschäftsmodelle diskutiert.
Im Workshop „SDGs und Digitalisierung: Wie können Unternehmen zur Erreichung der SDGs beitragen und wie hilft die Digitalisierung?“ präsentierten econsense und Accenture erstmalig das gemeinsame Handbuch zum Thema SDGs und Digitalisierung. In dem Handbuch werden sieben Praktiken aufgezeigt, wie Unternehmen eine positive Wirkung auf die SDG-Zielerreichung mit Geschäftserfolg und Digitalisierung verknüpfen können. Fünf Vertreter aus econsense-Mitgliedsunternehmen stellten in dem Workshop konkrete Beispiele aus der Praxis vor. Dabei wurden insbesondere der Prozess und Herausforderungen bei der Implementierung diskutiert. Außerdem wurden in einer Open Space Diskussion weiterführende Fragen adressiert, unter anderem zur Messung und Bewertung unternehmerischer Wirkungen und zur Rolle der Digitalisierung bei der Erhaltung und Weiterentwicklung von Know-How.
Dr. Joachim Lang (Hauptgeschäftsführer, BDI) analysierte in seiner Keynote am zweiten Veranstaltungstag die Ergebnisse der Bundestagswahl unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten und machte deutlich, dass disruptive Entwicklungen wie die Digitalisierung riesiges Potential für die nachhaltige Entwicklung bergen, hier aber europäische und globale System- statt Insellösungen gefragt sind.
In den Workshops des zweiten Tages standen dann die übergeordneten politischen Rahmenbedingungen im Vordergrund: Wie können auch im Zeitalter digitaler Transformationen Errungenschaften wie Gute Arbeit, Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet werden?
In dem Workshop „Arbeit 4.0. – Gute Arbeit und Digitaler Wandel: Einklang oder Widerspruch?“ wurde ein breiter Dialog darüber in Gang gesetzt, was und wie wir arbeiten wollen und welche Gestaltungschancen und -bedarfe es für Unternehmen, Arbeitnehmer, Sozialpartner und Politik gibt. Die Referenten Sabine Igler (Leiterin ICT Solutions Passenger Transport, DB Systel), Anna Kaiser (Gründerin und CEO, Tandemploy) und Dr. Max Neufeind (Referent für Grundsatzfragen der Arbeitspolitik, Bundesministerium für Arbeit und Soziales) diskutierten unter anderem zu der Frage, wie ein Kompromiss zwischen den Flexibilitätserfordernissen der Arbeitgeber und den Bedürfnissen der Arbeitnehmer aussehen kann, als auch zu der Frage, welche Werte die Unternehmenskultur von morgen mitbringen muss. Sicher ist: Es bedarf einer gemeinsamen Weiterbildungsoffensive, weil sich Tätigkeiten in einem neuen Ausmaß verändern sowie die Gestaltung einer nachhaltigen Infrastruktur, um alle Menschen an der Digitalisierung teilhaben zu lassen.
Der Workshop „Datenschutz und Datensicherheit in der Industrie 4.0: Ein zu überbrückendes Spannungsfeld?“ mit den Experten Monika Menz (Rechtsanwältin – Senior Associate, Ernst & Young), Stefan Becker (Referatsleiter Cybersicherheit für die Wirtschaft, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) und Prof. Dr. Christian Thorun (Geschäftsführender Gesellschafter, ConPolicy – Institut für Verbraucherpolitik) beschäftigte sich mit der Frage, wie Datenschutz und Datensicherheit technisch realisiert werden können und in welchem Rahmen sich die Akteure dabei bewegen. Deutlich wurde zum einen, dass deutsche Lösungen für Datenschutz einen Vertrauensvorschuss weltweit haben, den es gilt weiter auszubauen, und dass Corporate Digital Responsibility ein Teil der Unternehmensstrategie sein bzw. werden muss, um für die anstehenden Herausforderungen der Digitalisierung gewappnet zu sein.